Der Langzeit-therapierte HIV-Patient
Hartwig Klinker
Die Behandlungserfolge der Hochaktiven Antiretroviralen Therapie (HAART) haben sich in den vergangenen Jahren durch die Zulassung neuer Substanzen, effektivere Kombinationsregime und ein optimiertes Therapiemanagement weiter verbessert.
Die klassischen, HIV-assoziierten Erkrankungen gehen kontinuierlich zurück, die Lebenserwartung von Patienten mit HIV-Infektion gleicht sich der Lebenserwartung der 'Normalbevölkerung' immer mehr an.
Nach einer großen Metaanalyse aus 14 Kohorten-Studien aus den Zeiträumen 1996-1999, 2000-2002 und 2003-2005 mit insgesamt mehr als 43.000 Patienten sank die Mortalitätsrate von 16,3 Todesfällen/1.000 Patientenjahre im Zeitraum 1996-1999 auf 10,0 Todesfälle/1.000 Patientenjahre im Zeitraum 2003-2005. Die Lebenserwartung eines 20-jährigen HIV-Patienten stieg im gleichen Zeitraum von 36,1 auf 49,4 Jahre.
Im Einzelnen ergaben sich folgende Daten:
Ausgangsbedingung |
Lebenserwartung (Jahre) |
Lebensalter 20 Jahre alle |
49,4 (bei Infektion im Zeitraum 2003-2005) |
Lebensalter 35 Jahre alle |
37,3 (bei Infektion im Zeitraum 2003-2005) |
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Bei Infektion im Zeitraum 1996-2005 |
Lebensalter 20 Jahre alle |
43,1 |
Lebensalter 35 Jahre alle |
31,7 |
Lebensalter 20 Jahre |
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Mann |
42,8 |
Frau |
44,2 |
Intravenöser Drogenabusus (IVDA) |
32,6 |
Non-IVDA |
44,7 |
CD4-Zellen < 100/µl |
32,4 |
CD4-Zellen 100-199/µl |
42,0 |
CD4-Zellen > 200/µl |
50,4 |
Lebensalter 35 Jahre |
|
Mann |
31,7 |
Frau |
32,5 |
Intravenöser Drogenabusus (IVDA) |
23,4 |
Non-IVDA |
33,0 |
CD4-Zellen < 100/µl |
27,0 |
CD4-Zellen 100-199/µl |
30,4 |
Lebensalter 20 Jahre, CD4-Zellen > 200/µl |
37,2 |
Infolge der verbesserten Lebensperspektive nimmt der Anteil älterer HIV-Patienten stetig zu. Bereits jetzt sind in Deutschland mehr als 25% der Patienten älter als 50 Jahre, mehr als 10% älter als 60 Jahre (Daten aus der deutschen HIV-Kohorte).
Die klinische Präsentation von Patienten mit HIV-Infektion hat sich in den letzten Jahren durch diese Entwicklung deutlich verändert.
In zunehmendem Maße treten bei Langzeit-infizierten und/oder Langzeit-therapierten und/oder älteren Patienten gehäuft nicht unmittelbar HIV-assoziierte Erkrankungen auf. Zu nennen sind hier Leber- und Nierenerkrankungen, kardiovaskuläre Erkrankungen, Stoffwechselstörungen, Osteoporose und verschiedene Malignome.
Pathogenetisch handelt es sich um ein multifaktorielles Geschehen, wobei neben individueller Disposition Lifestyle-Faktoren (Rauchen, Alkohol-/Drogenkonsum), Toxizität antiretroviraler Dauermedikation, physiologische Alterungsprozesse und möglicherweise eine persistierende HIV-assoziierte immunologische Dysfunktion und chronische Inflammation eine Rolle spielen.
Bei vielen HIV-Infizierten entwickelt sich im langjährigen Verlauf auf diese Weise eine erhebliche Multimorbidität mit komplexen Auswirkungen auf notwendige Diagnostik und Therapie.
Damit hat sich das Aufgabenspektrum in der Betreuung HIV-infizierter Patienten bedeutend erweitert. Gerade bei Langzeit-infizierten und/oder Langzeit-therapierten und/oder älteren Patienten ist außer der Kontrolle HIV-assoziierter Parameter eine kontinuierliche und aktive Surveillance im Hinblick auf genannten, vielfältigen Krankheitsbilder notwendig.
Für viele Situationen stehen dabei geeignete Screeningverfahren zur Verfügung, die nachfolgend tabellarisch aufgeführt sind. Neben apparativer Diagnostik finden sich hier diverse Laborparameter und Biomarker.
Selbstverständlich ersetzen diese Untersuchungen nicht die gezielte Anamneseerhebung und körperliche Untersuchung. Die Auswahl der erforderlichen Diagnostik und geeignete Zeitintervalle sollten sich stets an individuellen Gesichtspunkten und Risikokonstellationen orientieren.
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