Supportive Therapie
Bei infizierten Säuglingen und Kindern ist neben der antiretroviralen Therapie je nach Indikation eine unterstützenden Supportivtherapie einzuleiten.
A) Prophylaxe der Pneumocystis jirvecii-Pneumonie (PJP):
Die PJP ist die häufigste AIDS-definierende Erkrankung im Kindesalter mit einem Häufigkeitsgipfel im 3.-5. Lebensmonat. Weil sie häufig tödlich endet und bei Überleben die Lebenserwartung deutlich niedriger ist als bei HIV1-positiven Kindern ohne PJP wird eine Prophylaxe empfohlen.
Da im ersten Lebensjahr PJP unabhängig vom Immunstatus auftreten kann, wird sie in diesem Lebensalter bei allen HIV1-infizierten Kindern empfohlen.
Bei älteren Kindern ist das Auftreten von PJP vom Immunstatus des Kindes abhängig, so dass eine von der Anzahl der T-Helferzellen abhängige Prophylaxe durchgeführt wird:
Prophylaxe der Pneumocystis jirvecii-Pneumonie (PJP) in der BRD:
Alter des Kindes: |
Kriterien für PCP-Prophylaxe: |
Dauer: |
Bis 12 Monate |
a) alle HIV1-exponierten Kinder
mit V.a. HIV1-Infektion |
a) bis zum Ausschluss der HIV1-Infektion |
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b) alle HIV1-infizierten Kinder unabhängig von CD4-Werten |
b) bis zum Ende des 1.Lebensjahres |
1 bis 5 Jahre |
CD4 <500/µl oder CD4<15% |
Bis diese Grenzwerte in mehreren Untersuchungen überschritten wurden |
6 bis 12 Jahre |
CD4<200/µl oder CD4<15% |
Bis diese Grenzwerte in mehreren Untersuchungen überschritten wurden |
Die PJP-Prophylaxe soll mit Trimethoprim/Sulfmethoxazol(TMP/SMZ) oral (5mg Trimethoprim/kg/d) 3x pro Woche intermittierend (z.B. Mo-Mi-Fr) oder an 3 aufeinanderfolgenden Tagen (z.B. Fr-Sa-So) durchgeführt werden. Bei Auftreten eines Exanthems kann mit langsam steigenden Dosen von TMP/SMX eine Desensibilisierung durchgeführt werden.
Bei Unverträglichkeiten stehen Dapson 2mg/kg (bis maximal 100mg) einmal täglich oder bei Kindern ab 5 Jahren Pentamidinaerosol 300mg einmal pro Monat über Inhaler zur Verfügung.
B) Imunglobulinsubstitution
Indikationen für die prophylaktische Immunglobulinsubstitution sind:
- Schlechter Immunstatus,
immunologische Kategorie 3 = schwere Immunsuppression
- Hypogammaglobulinämie.
- Rezidivierende Virusinfekte
- Rezidivierende bakterielle Infekte
- Keine Bildung von Impfantikörpern nach erfolgter Impfung
Hauptgrund für die Immunglobulinsubstitution ist ein schlechter Immunstatus, der vor allem bei Neudiagnose einer HIV-Infektion oder aber auch bei Therapieversagen, insbesondere bei multiresistenten Patienten, auftreten kann.
Es wird dann einmal monatlich polyvalentes Immunglobulinkonzentrat (0,4 g/kg Körpergewicht) intravenös infundiert.
Bei Verbesserung des immunologischen Status (mit entsprechender klinischer Verbesserung) durch Anstieg der T-Helferzellen im Rahmen einer erfolgreichen antiretroviralen Therapie kann in der Regel die Immunglobulingabe beendet werden.
C) Impfungen
Regelmäßige Impfungen sollten gemäß den Empfehlungen der STIKO zu Impfungen bei Patienten mit Immundefizienz wie dort im Kapitel HIV (Stand November 2005) beschrieben durchgeführt werden.
Impfungen bei HIV-Infektion
Impfstofftyp |
Indikation |
Impferfolg/Immunität |
A) Inaktivierte Impfstoffe / Toxoide
(auch Influenza, Pneumokokken, Meningokokken!!) |
Unabhängig von Immunstatus
(nach STIKO-Empfehlung) |
Abhängig
vom Immunstatus |
Bemerkungen zu Impfungen mit Totimpfstoff: |
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1) Hepatitis B |
Ggf. zusätzlich 4. Dosis |
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2) Diphterie |
In Diphterie-Risikogebieten
regelmäßige Auffrischimpfungen, |
da schlechte Immunantwort
auf Diphterie |
B) Lebendimpfstoffe |
Nur bei gutem Immunstatus: |
Abhängig
vom Immunstatus |
1) Mumps-, Masern-, Rötelnimpfstoff* |
Kinder < 1 Jahr: CD4 > 750/µl
Kinder 1-5 Jahre: CD4 > 500/µl
Kinder > 5 Jahre: CD4 > 200/µl |
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2) Varizellenimpfstoff ** |
CD4 >25% der Gesamtlymphozyten |
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3) (BCG) |
KONTRAINDIZIERT!! |
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* Masern können bei HIV1-Kranken einen besonders schweren Verlauf nehmen. Bei erhöhter Masern-Gefährdung ist deshalb eine Masern-Impfung indiziert. Eine gleichzeitig durchgeführte IgG-Substitution kann den Impferfolg in Frage stellen. Eine Kontrolle des Impferfolges ist in diesen Fällen angeraten. Im Falle einer akuten Masern-Exposition ist bei nicht immunen Personen eine IgG-Gabe zu erwägen.
** Bei Immunschwachen, Ungeimpften oder unklarer Immunität kann bei Varizellenexposition sowohl eine aktive Impfung direkt nach Exposition (nur bei gutem Immunstatus s.o.!!), die Gabe von Varizellenimmunglobulin und/oder bei Beginn der Erkrankung eine prophylaktische Therapie mit Acyclovir erwogen werden.
Besteht keine Immunsuppression, sind außer BCG alle Impfungen durchzuführen (Varizellen und MMMR mit obiger Einschränkung). Bei schlechtem Immunstatus sind nur Impfungen mit abgetöteten Erregern oder Toxoiden möglich. Je schlechter der Immunstatus umso geringer ist die Ansprechrate/ Antikörperbildung der Patienten auf die Impfung. Um solche "erfolglosen" Impfungen zu vermeiden, sollte daher, wenn möglich, der Erfolg der antiretroviralen Therapie abgewartet und nur immunkompetente Kinder geimpft werden.
Da bei HIV1-Patienten (auch bei gutem Immunstatus) wegen der Imbalance des Immunsystems ein Impfschutz schwieriger zu erreichen ist, wird eine Erfolgskontrolle durch Bestimmung der Impfantikörpertiter empfohlen. Da der Impfschutz häufig auch nur kürzer anhält als bei Gesunden sind bei Patienten mit Immundefizienz regelmäßige serologische Kontrollen der Impfantikörper angezeigt!!!!
Unter regelmäßiger Immunglobulingabe sind Impfungen (außer der jährlichen Grippeimpfung) nicht indiziert!!!
D) Psychologische Betreuung mit dem Ziel
- der Sicherung der Therapieadhärenz und Compliance, ggf. durch das Angebot spezieller Trainings- und Schulungsprogramme
- einer Unterstützung der Familie bei der altersgerechten Diagnosemitteilung
- Erziehung des Kindes zur Selbstständigkeit und Selbstverantwortung in der antiretroviralen Kombinationstherapie sowie
- eines verantwortlichen Sexualverhaltens.
E) HNO-ärztliches Konsil zur Indikation Adenotomie/Tonsillektomie:
Da nur ca. 10% der HI-Viren im Blut zirkulieren aber 90% aus lymphatischen Gewebe zu isolieren sind, ist bei untherapierten HIV1-positiven Kindern das lymphatische Gewebe oft stark proliferiert. So können große Adenoide durch Verlegung der Tube rezidivierende Otitiden verursachen. Ebenso können große Tonsillen einen Focus für häufige Streptokokkeninfekte darstellen.
Unter erfolgreicher antiretroviraler Therapie ist diese Proliferation und die dadurch bedingen Erkrankungen jedoch oft rückläufig. Entsprechend sollten mindestens 6-12 Monate unter antiretroviraler Therapie abgewartet werden, ehe in einem HNO-ärztlichen Konsil bei entsprechender Anamnese die Indikation zur Adenotomie/Tonsillektomie gestellt wird.
F) Sanierung von kariösem Zahnstatus
Auch kariöse Zähne können ein Reservoir für Streptokokken und andere Erreger sein. Entsprechend sollte bei rezidivierenden Streptokokkeninfektionen aber auch bei immer wiederkehrenden Lymphadenitiden im Kiefer- und Halsbereich an die Sanierung der Zähne gedacht werden. |