Therapiebeginn
Franz Mosthaf
Prognose in Abhängigkeit von der Viruslast beim unbehandelten Patienten
Studienteilnehmer der Multicenter Aids Cohort Study (MACS) wurden im
Mittel über 10,6 Jahre beobachtet. Keiner der Studienteilnehmer bekam
eine antiretrovirale Therapie zum Zeitpunkt der Studienaufnahme oder zum
Zeitpunkt des Follow-up-Besuches nach 6 Monaten. Nur 41% der Patienten
erhielten eine antiretrovirale Therapie im weiteren Verlauf der
Beobachtung. Die Viruslast lag zu Beginn der Studie bei den Teilnehmern
zwischen <500 und 294.200 HIV-RNA-Kopien/ml. Hinsichtlich der
Viruslast und der CD4-Zellzahl wurden die Patienten in verschiedene
Gruppen unterteilt. Dabei zeigt sich ein deutlicher Vorteil für die
Patienten mit initial niedriger Viruslast. Diese Daten haben auch heute
ihre Gültigkeit nicht verloren!
HIV-RNA Kopien/ml |
Mediane Zeit bis AIDS oder Tod (Jahre) |
< 500 |
> 10 |
500 - 3.000 |
> 10 |
3.000 - 10.000 |
8,3 |
10.000 - 30.000 |
5,5 |
> 30.000 |
2,8 |
Nach Mellors et al. XI. Int. Conf. on Aids, 1996.
Erweiterte Analyse der Daten aus der MACS-Studie mit 1604 Teilnehmern.
- Die Basiswerte der HIV-1 RNA-Konzentration sind wichtige Indikatoren für die Prognose.
- Es gibt eine enge zeitabhängige prognostische Beziehung zwischen HIV-1 RNA-Konzentration und Progression.
- Verringerte Konzentrationen von HIV-1 RNA als Ergebnis einer antiretroviralen Therapie weisen auf eine verbesserte Prognose.
Literatur:
- Mellors J.W., Rinaldo Jr. C.R., Gupta P. et al.: Prognosis in HIV-1
Infection Predicted by the Quantity of Virus in Plasma. Science 272:
1167-1170, 1996
Wann mit der Therapie beginnen?
Mit Nachweis der HIV-Infektion besteht grundsätzlich eine
Behandlungsindikation. Obwohl es weiter keinen "Goldstandard" für den
Therapiebeginn der HIV-Infektion gibt, können die folgenden Empfehlungen
gegeben werden. Zu beachten ist, dass die Therapie immer individuell
gestaltet werden sollte. Hierbei kommt neben den klinischen und
immunologischen Gesichtspunkten insbesondere dem Gespräch mit dem
Patienten eine große Bedeutung zu.
Eine antiretrovirale Therapie ist empfohlen
- bei jeder symptomatischen HIV-Infektion
- bei jeder asymptomatischen HIV-Infektion unter 500/µl Helferzellen (kontrolliert)
- bei Patienten mit Koinfektion mit Hepatitis C;
behandlungsbedürftiger Hepatitis B; HIV-assoziierter Nephropathie,
HIV-assoziiertem neurologischen Defizit (HAND) oder anderer spezifischer
Organerkrankung
Eine antiretrovirale Therapie sollte erwogen werden
- bei asymptomatischen Patienten mit Helferzellen > 500/µl insbesondere bei einer Viruslast von über 100 000 Viruskopien/ml
- bei asymptomatischen Patienten mit Helferzellen > 500/µl und
einer schnellen Helferzellzahlabnahme von 50-100/µl/Jahr oder Alter >
50 Jahre oder Schwangerschaft oder hohem kardivaskulärem Risiko oder
HIV-assoziierten Malignomen oder Immunsuppression (z.B. bei
Chemotherapie; Radiotherapie; Autoimmunerkrankung bzw. im Rahmen von
Transplantationen)
Einen Sonderfall stellt die akute HIV-Infektion dar.
Sie ist gekennzeichnet durch Fieber, eine Lymphadenopathie und in der
Hälfte der Fälle durch ein Exanthem. Hier sollte die Behandlung falls
möglich noch vor der Serokonversion oder je nach klinischer Einschätzung
bis zu 12 Wochen danach begonnen werden.
Regeln für den Beginn der Therapie
In der Regel erfolgt der Therapiebeginn mit einer 3-fach Therapie aus
zwei NRTI (Nukleosidaler Reverse Transkriptasehemmer) und einem
Integrasehemmer bzw. NNRTI (Nicht-Nukleosidaler Reverse
Transkriptasehemmer), bzw. zwei NRTI und (geboosteten) PI
(Proteaseinhibitor).
Vor der Therapie muss in einem ausführlichen Gespräch zwischen Arzt und Patienten besprochen werden, dass die Therapie
über einen sehr langen Zeitraum (wahrscheinlich lebenslänglich) durchgeführt werden muss und Nebenwirkungen haben kann.
Anmerkung : Die Therapieeinstellung oder -umstellung sollte immer durch einen in der HIV-Therapie erfahrenen Arzt erfolgen.
Links zu offiziellen Therapieleitlinien:
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