Verdacht auf HIV1-Infektion
Bei folgenden Faktoren sollte man immer an eine HIV1-Infektion des Kindes denken:
Anamnese:
- Eltern aus oder mit Kontakt zu Risikogruppen (Drogenabhängigkeit, Bisexualität, in BRD Empänger von Blutprodukten bis 1982 etc.)
- Eltern/Kind aus Risikoländern: Subsaharaafrika, Südostasien, in Osteuropa v.a. Rumänien, Russ. Förderation, Ukraine;
in Westeuropa höchste Inzidenz in Portugal, Spanien, Schweiz, Frankreich und Italien
- Häufige Transfusion von (ungetesteten) Blutprodukten und/oder chirurgische Eingriffe bei Eltern/Kind in Risikoländern s.o. (oder vor 1982 in westlichen Ländern)
Beschwerden:
- Rezidivierende bakterielle Infektionen insbesondere Otitiden, Anginen, Pneumonien (mit schweren Verläufen), Sepsen, Meningitiden
- Ein - oder beidseitige Parotitis (v.a. wenn rezidivierend)
- Rezidivierende, langandauernde (länger als 1Monat) Pilzinfektionen (Mund-, Analsoor etc.)
- Rezidivierende Diarrhoen
- Schlechtes Gedeihen (Percentilenknick)
- Entwicklungsverzögerung
- Verlust von Meilensteinen
- Ermüdbarkeit
- Pneumocystis jirovecii Pneumonie (PJP) und disseminierte CMV als häufigste AIDS-definierende Erkrankungen im Kindesalter
Untersuchungsbefund:
- Oft kleine, schmächtige Kinder an unteren Längen- und Gewichtspercentilen
- Große Lymphknoten am gesamten Körper
- Große Tonsillen, große Parotis
- Hepatosplenomegalie
- Mund-, Analsoor
Labordiagnostik:
- Häufig!!! Hypergammaglobulinämie (Nonsense Immunglobuline ohne Schutzfunktion v.a. IgG + IgA)
- Selten Hypogammaglobulinämie (bei fortgeschrittener Krankheit)
- Anämie
- Neutropenie
- Thrombopenie
- Erhöhte Transaminasen (durch HIV-Hepatopathie oder opportunistische infektionen)
- Keine Impfantikörper
- Verminderte T-Helferzellen und niedriger CD4/CD8-Quotient
AIDS-definierende Erkrankungen bei Kindern:
- Pneumocystis jirovecii Pneumonie
- Disseminierte CMV-Infektionen
- HIV1-Enzephalopathie (vorwiegend 1.-3. Lebensjahr)
- HIV1-Kardiomyopathie (ältere Kinder)
Entsprechend sollte bei allen aufgeführten Hinweisen auf eine HIV1-Infektion eine Testung auf HIV1 erfolgen. Die Testung der Säuglinge und Kleinkinder HIV1-positiver Mütter ist jedoch durch den sogenannten "Nestschutz" vor Infektionen (transplazentare Übertragung sämtlicher IgG-Antikörper der Mutter ab der 32.SSW) erschwert. Entsprechend werden bei einer HIV1-positiven Schwangeren auch IgG-Antikörper gegen HIV1 von der Mutter auf das Ungeborene übertragen. Da der gängige HIV1-Test ein Antikörpertest ist, sind bis zur Elimination der mütterlichen Antikörper meist im zweiten Lebensjahr alle, - also auch die nicht HIV1-infizierten - Kinder HIV1-positiver Mütter serologisch HIV1-positiv. Der Nachweis von HIV1 muß daher in den ersten 2 Lebensjahren direkt durch Nachweis von HIV1-Nukleinsäuren mittels HIV1-PCR erfolgen (siehe auch Kapitel Ausschluss oder Diagnose der HIV1-Infektion).
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